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Heute mal sehr persönlich

Aktualisiert: 24. Apr. 2022


Heute schreibe ich einmal einen etwas anderen Blogartikel. Ich schreibe etwas sehr Persönliches. Vielleicht auch gar nicht so Klares, Fassbares. Schon garnicht für jeden. Eigentlich ganz für mich. Und ich möchte trotzdem, dass du Teil haben kannst.

Du wirst hier heute also kein Konzept und keine neue "Weisheit" finden, von der ich dir erzählen möchte. Sondern nur ein Stück von mir und meinem Weg. Vielleicht berührt es dich trotzdem. Und wenn nicht, ist das natürlich auch ok.


Ich möchte dir ein Gedicht zeigen, das ich vor gut 10 Jahren geschrieben habe. Ein Gedicht, das mir selbst zeigt, wie sehr ich mich verändert habe in der Zeit und mich dankbar stimmt, für alles, was bis heute dazugewachsen ist an Erfahrungen, Möglichkeiten, Wissen und Vertrauen... Aber guck erstmal selbst:


Schweigezeit


Du sitzt mir gegenüber

Sitzt da und bist nicht da.

Ich höre die Zeit

Wie sie auf und ab schreitet

Neben uns

Verzweifelt versucht sie ein Weilchen noch zu bleiben,

Um uns den Raum zu geben

Den wir nicht seh’n.

Bald muss sie geh’n.

Und dann sind wir alleine hier

Ganz ohne Zeit und ohne Raum.


Wir sollten reden.


Da sitzt du, neben mir

Und nicht bei mir.

Ich höre nur Gedanken

Und kann sie nicht versteh’n

Weißt du, wie wenig Zeit uns bleibt,

Um uns zu seh’n

Um uns zu hören und zu spür’n?

Weißt du, wie wenig Zeit uns bleibt,

Das Gespräch zu führ’n

Zu leiten, ohne dass es uns entgleist,

Uns mit sich reißt.


Wir müssen reden.


Wir sitzen da.

Die Zeit geht weiter.

Wir reden nun, die Worte schneiden

Aus dir und mir die Hoffnung raus,

Dass wir sie einhol’n unsre Zeit

In der wir uns vertrau‘n

Und aufeinander bau‘n

In der du bei mir bist und ich bei dir

Wir miteinander reden.



Dieses Gedicht fand ich neulich in meinen alten Unterlagen, gekritzelt auf ein blass-kariertes Din-A4 Blatt, das ich offensichtlich aus einem alten Schulheft gerissen hatte. Ich las es und war sprachlos. Denn die Worte brachten mich zurück zu einem Selbst, das ich vor 10 Jahren war.


Ein Selbst, das unfassbar kämpfte mit Konflikten jeglicher Art. Ein Selbst, das nur schweigen konnte, wenn es große Gefühle und Gedanken wahrnahm. Das sich machtlos, sprachlos und ausgeliefert fühlte. Aus Angst, dass es etwas unwiderruflich zerstören könnte. Ein Selbst, das nicht formulieren konnte, was es empfand und was es brauchte. Das Angst hatte, dass die Zeit und nicht es selbst bestimmt, wie und wann ein Konflikt endet.


Ein Selbst, das unfassbar verworren war mit den anderen Menschen um sich herum, so verknotet mit deren Gefühlen und Gedanken, dass es alles persönlich nahm, dass es all die Verantwortung auf sich nahm… und sie den anderen wegnahm. Nicht anders gelernt. Ein Selbst, das sich so unfähig und machtlos fühlte, dass es niemals selbst offen und ehrlich zu dem stehen konnte, was es empfand. Obwohl es so unfassbar viel empfand. Wichtig war, dass es zu den anderen passt. Doch was heißt das eigentlich?


Ein Selbst, das zum einen danach verlangte, immer zu wissen, wie es den anderen ging und ob (noch) alles in Ordnung war und gleichzeitig gar nicht dafür „ausgerüstet“ war, zu hören, wie sich der/die andere fühlte. Warum nicht? Weil es sich dann zu oft dachte: „Du fühlst dich schlecht, weil ich .... bin.“


Ein Selbst, das Angst vor dem hatte, was verletzt und wer dafür verantwortlich ist. Angst, dass Schmerz in der Beziehung immer Trennung bedeutet. Dass es Schuld gibt.


Das alles liegt nun tatsächlich weit zurück. Heute weiß ich, dass das, was ich damals über Beziehungen jeglicher Art dachte ganz anders sein kann. Dass ich frei sein kann UND verbunden. Dass mich Stille und große Gefühle jeglicher Art nicht mehr zerreißen. Dass ich die Gefühle anderer nicht verantworten muss und kann. Ja, dass ich erst durch dieses Wissen echte Empathie empfinden kann, wirklich für andere da sein kann, OHNE mich dabei zu verlieren. Ohne sprachlos zu werden.

Ich habe gelernt, Worte zu finden für das, was mich bewegt. Worte, die meine eigenen Grenzen benennen und gleichzeitig ermöglichen, mein Gegenüber mit seinen Grenzen und Werten annehmen zu können. Es ist eine neue Sprache und es ist ein neues Menschen- und Weltbild. Es ist nach wie vor ein Weg, ein Prozess. Doch so ein schöner! Und ich bin befreit von dem Unwissen, das mich in Beziehungen mit anderen immer wieder dazu gebracht hatte, mich bedroht, ungerecht behandelt, ausgenutzt, missverstanden und machtlos zu fühlen.

Wenn ich dieses blass-karrierte Stück Papier in meiner Hand halte und auf die Buchstaben blicke, dann habe ich tiefes Mitgefühl mit meinem Selbst von damals und sage dankbar zu mir: Wie schön, heut bist du freier. Du bist einen langen Weg gegangen. Und heute begleitest du. Einfach nur schön! Danke fürs Lesen.


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