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Gib dir Zeit

Autorenbild: Rosa-Maria BuchalikRosa-Maria Buchalik

Aktualisiert: 24. Apr. 2022


Zack und weg war das Stück Holz auf vier Rädern, das ich eben noch versuchte, unter meinen Füßen zu halten, wie eine rutschige Eisscholle. Während das Skateboard selbständig in die nächste Hecke sauste, landete ich höchst unsanft auf dem harten Beton. Natürlich nicht ohne einige sehr ruckartige und höchst unkoordinierte Bewegungen mit Armen und Beinen zu machen, die mich wohl ein wenig so aussehen haben lassen, als stünde ich kurzzeitig unter Strom. Entweder ich bin nach vorne oder nach hinten gesegelt - auf dem Brett konnte ich mich einfach nicht halten, als ich mit ungefähr 8 Jahren das erste mal auf einem Skateboard stand.


Meine Freundin Maria dagegen hatte den Dreh schnell raus. Nach nicht all zu langer Zeit sah es aus, als hätte sie noch nie etwas anderes gemacht. Für mich verbuchte ich sehr schnell: Skateboard fahren - das kann ich nicht! Dazu bin ich nicht sportlich genug, hab' das nötige Körpergefühl nicht, bin zu ängstlich. Klare Sache. Und so habe ich seit diesem ersten Nachmittag nie wieder auf einem solchen wackeligen Brett gestanden. Bis vor drei Tagen.


Meine Tochter hatte ihrem Vater ein Skateboard zum Geburtstag geschenkt. Immer wieder hatten die beiden davon gesprochen, wie cool das mal wäre, eins zu haben und zusammen zu üben und zu fahren. Jetzt hatten sie endlich eins und schon beim Auspacken erzählte ich die alte Geschichte von mir und meiner unbestreitbaren Unfähigkeit, Skateboard zu fahren. Jetzt bin ich ja noch dazu schon so viel älter, nach der Geburt meiner zweiten Tochter noch in der Rückbildung und nicht mehr gaaaanz so beweglich (Du meine Güte, ich merke, hier möchte ich an meinem Selbstbild arbeiten. Was soll ich denn dann sagen, wenn ich einmal 50 bin?). Nun ja, und da stell ich mich vielleicht lieber erst gar nicht noch einmal drauf - das war die Quintessenz des Ganzen.


Als wir dann draußen unterwegs waren, hat es mich dann doch gereizt, es einmal zu versuchen. Und was für eine Überraschung für mich selbst - ich hatte das Ding einigermaßen unter Kontrolle. Kein Vergleich zu damals. Und dabei hatte ich das doch garnicht geübt?! Ich traute mich sogar, mit liebevollem Zureden meiner Tochter, den Berg runterzusausen.


Und da musste ich lachen - lachen über mich selbst und über das Leben und wie es mir einmal wieder mit einer so netten Art und Weise eine kleine Lektion ins Gedächtnis rief: Hab Geduld mit dir selbst, urteile nicht voreilig und bleib offen und neugierig - manchmal war es nicht der richtige Zeitpunkt - manchmal brauchst du einfach noch etwas Übung (auch wenn diese ganz wo anders stattfindet, als auf dem ursprünlgichen Gebiet bzw. als bei der ursprünglichen Herausforderung). Auch heute geht es mir noch oft so, dass ich mich einer Aufgabe, einem Problem oder einer Herausforderung gegenüberstehen sehe, um dann beim ersten Versuch, damit konstruktiv umzugehen, zu scheitern, nicht so zu handeln, wie "man" das am besten getan hätte, wie es andere vielleicht schon tun/können oder wie ich es mir gewünscht hätte. Und dann komme ich nicht selten zu dem voreiligen Schluss, dass ich es eben nicht kann. Dass ich eben zu den Menschen zähle, die dafür nicht begabt genug sind, die dafür nicht das Handwerkszeug mitbringen oder ähnliches (gibt es "diese" Menschen überhaupt?). Doch dabei setze ich mir selbst ganz klare Grenzen für mein persönliches Wachstum. Und ich vergesse damit, mir selbst zu vertrauen, dass mich meine Neugierde, mein Wissensdurst und meine Freude am Lernen überall dort hin bringen können, wo es mich hinzieht, wenn ich mich selbst dabei unterstütze und mir Unterstützung suche.


Manchmal, wenn einem eine Herausforderung im Leben begegnet, eine Aufgabe, ein Ziel oder ein Problem, ist man zu dem Zeitpunkt noch nicht so weit, es so anzugehen, dass es wirklich läuft, wie man sich das vorstellt. Was mir damals mit 8 Jahren gefehlt hat war eine gewisse Art der Stabilität, das nötige Gleichgewicht, ein Gefühl für meine Körpermitte und Balance. Ich dachte, all das hätte ich eben einfach nicht. "Das hat "man", oder "man" hat es eben nicht." Ich legte das Skateboard ab und lernte stattdessen Einrad-, Inliner- und Skifahren. Doch dass ich dadurch allmählich und mit Freude all die Fähigkeiten trainierte, die ich auch für das Skateboardfahren brauchte, war mir nicht bewusst.


Und heute? Da fehlt es mir eben auch manchmal noch ein wenig an Sicherheit, Stabilität, innere Balance oder Mut. Und das heißt nicht, dass ich den Herausforderungen nie gewachsen sein werde. Wir dürfen uns selbst mehr Luft und Raum lassen, zu wachsen, uns zu entfalten, und können uns dabei beobachten, wie wir unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten jeden Tag weiterentwickeln. Wir haben großen Einfluss auf unsere Entfaltung und können immer wieder neue Herausforderungen suchen. Und wir können uns dabei selbst helfen, indem wir offen bleiben und in uns selbst zuversichtliches Vertrauen haben, auch und gerade dann, wenn es ersteinmal nicht so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben. Auch und gerade dann, wenn wir nicht das "liefern", was wir von uns erwarten. Hab Geduld, sei zuversichtlich und gib dir Zeit!



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